11.03.2022

Elb-Mahnwache: Freitag, 11. März

 Rudolf Zimmermann, u. a. Mitbegründer des "Regionalen Bündnisses gegen die Elbvertiefung" fasste in seiner Rede den "Stand der Dinge" folgendermaßen zusammen: 

Liebe Freund*innen der Elbe, der Grimmershörnbucht, der Cuxhavener Strände und des Weltnaturerbes Wattenmeer,

einmal mehr kommen wir hier zusammen, um unseren Protest gegen die Hamburger Hafenpläne und gegen die Hamburger Verklappungspolitik zum Ausdruck zu bringen. Parallel läuft heute vor der HPA ebenfalls eine Demonstration gegen die neuen Verklappungspläne der Hamburger.

Was ist passiert? Ihr erinnert euch vielleicht noch an das Treffen so ziemlich aller wichtigen Fachleute zum Thema Elbvertiefung und deren Folgen im August 2021, dass die Grünen mit Stefan Wenzel zusammen im Rahmen des Bundestagwahlkampfes im Bali-Kino veranstaltet haben. Die Prognosen und die ja längst sichtbaren Probleme zeigten eindeutig: So, wie Hamburg sich das denkt, geht das nicht. Manchmal könnten sie einem ja fast leidtun, die armen Hamburger, wie sie verzweifelt versuchen, gegen die durch die immer tieferen Ausbaggerungen hervorgerufenen Probleme anzubaggern – und das mit immer weniger Erfolg. Das ist ein bisschen wie das Schwimmen gegen einen Strom, der stärker ist als die eigene Kraft und das einen eher rückwärts als vorwärts kommen lässt.

Die mit jeder Vertiefung zunehmenden Schlickmengen im Hamburger Hafen sind nun aber schon lange nicht mehr nur ein Hamburger Problem, sie sind schon immer, und auch das zunehmend, ein Riesenproblem für alle Anrainer! Die jetzt geplante Verklappung des giftigen Schlicks vor der Vogelschutzinsel Scharhörn und die erweiterte Verklappung am Neuen Lüchtergrund bedrohen nicht nur das Weltnaturerbe Wattenmeer, sie bedrohen nicht nur den für die Stadt Cuxhaven ziemlich existenziellen Tourismus, sie bedrohen auch uns alle als Bürger*innen dieser Stadt!

Entsprechend groß ist der Widerstand, und er scheint auch allmählich diejenigen zu erreichen, die allen Hamburger Plänen gegenüber bisher mehr oder weniger großzügig waren: die Landesregierungen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein, so nach dem Motto: Was für den Hamburger Hafen gut ist, ist auch gut für die gesamte Region.

So formiert sich nicht nur der Widerstand in Hamburg selbst, auch in Niedersachsen scheint das Maß allmählich voll zu sein. Gestern hat der Rat der Stadt einen Eilantrag verabschiedet, der ein umfangreiches Vorgehen der Stadt gegen die Verklappung beinhaltet, und das auf vielen Ebenen einschließlich der Prüfung einer Klage gegen Hamburg. Am 17. März, also in der nächsten Woche, findet eine gemeinsame Sitzung der Umweltausschüsse von Stadt Cuxhaven, Samtgemeinde Land Hadeln und des Landkreises unter Beteiligung des niedersächsischen Umweltministers Olaf Lies statt. Und auch den zu Hamburg gehörenden Inselbewohnern von Neuwerk wird es langsam mulmig zu Mute, gefährdet doch die Verklappung von Hafenschlick vor Scharhörn möglicherweise die Erreichbarkeit Neuwerks auf dem Landweg.

Das Ganze geschieht vor dem Hintergrund zweier wesentlicher Probleme:

-          Hamburg will seine Pläne ohne Rücksicht auf Verluste durchsetzen, koste es (die anderen), was es wolle.

-          Alle von Hamburg behaupteten sog. Fakten und erwartete Grundannahmen sind falsch: weder die von Staatsrat Rieckhoff im Gespräch mit unserem OB am 22.2.2022 behauptete Harmlosigkeit des zu verklappenden Schlicks bzgl. seiner Giftigkeit sind richtig, noch stimmen seine Angaben über die Verdriftung des Schlicks. Daneben haben die aktuellen Peilungen ergeben, dass die Drosselstrecke durch Teilverfüllung der Medemrinne, wie vom Gutachter der Umweltverbände, Prof. Dr. Zanke, schon vor dem Bundesverwaltungsgericht prognostiziert wurde, bereits jetzt nach 2 Jahren seitlich umströmt und erodiert wird.

Mit anderen Worten: Hamburg steht nicht das Wasser bis zum Hals, sondern der eigene giftige Hafenschlick. Freundlich ausgesprochen könnte man die jetzigen Verklappungspläne als Verzweiflungstat eines Ertrinkenden begreifen. Das Problem ist nur: Der Ertrinkende selbst bemerkt das gar nicht, wie es um ihn steht. Und er begreift auch nicht, dass das Grundkonstrukt, nämlich durch das Schaffen immer größerer Wassertiefen den Hamburger Hafen in seiner historischen Bedeutung zu erhalten, nicht mehr funktioniert.

Das wirft die Frage nach der Bedeutung das Hamburger Hafens und seiner Wirtschaftlichkeit auf. Professor Ordemann hat das bei der vorhin schon genannten Anhörung im August 2021 als Fazit seiner Untersuchungen so beantwortet:

1.: Der Hamburger Hafen hat seine Position als Welthafen de facto verloren. Im Jahr 2000 war er zwei Plätze hinter Rotterdam und Antwerpen und gehörte damit noch zu den Top Ten der Containerhäfen weltweit. Heute gehört Rotterdam immer noch in diese Spitzengruppe mit Platz 10, Hamburg ist inzwischen auf Platz 19 abgerutscht.

2.: Die jüngste, also die 9. Elbvertiefung, wird nicht geeignet sein, Hamburgs Wettbewerbssituation wesentlich zu verbessern.

3.: Eine Kooperation zwischen den 3 großen deutschen Containerseehäfen wird zu einer Schicksalsfrage für die Häfen Hamburg, Wilhelmshaven und Bremerhaven werden, wenn sie im Wettbewerb zu den Westhäfen wieder aufschließen wollen.

Doch: Kommt eine derartige Einsicht in Hamburg an? Der grandiose Auftritt des Herrn Staatsrats Rieckhoff am 22.2.2022 in Cuxhaven lässt nur den einen Schluss zu, nämlich das Hamburg blind für jede Wahrnehmung von Realität ist.

Das ist auch gut an einem anderen Beispiel zu erkennen: Die Präsesse (ist das Plural von Präses? Na, sagen wir mal einfach: Präsidenten) der Handelskammern von Hamburg und Bremen, Norbert Aust und Eduard Dubbers-Albrecht sagen in einer gemeinsamen Stellungnahme: „In jüngerer Zeit verlorene Marktanteile müssen zurückgewonnen und zusätzliches Wachstum für die norddeutsche Küste generiert werden.“ Und weiter: „Nur durch gemeinsame Kraftanstrengungen können die norddeutschen Seehäfen im schärfer werdenden Wettbewerb Marktanteile zurückgewinnen und Beschäftigung sichern“.

Und was sagt Hamburg dazu? Hamburg sonnt sich im Erfolg steigender Containerumschlagzahlen. Und die sind weisen für 2021 8,7 mio TEU aus.
Upps: Ist das wirklich so dolle? Schauen wir uns doch mal Prognosen für den Containerumschlag und tatsächliche Zahlen an:

-          in der Planco-Studie von 2006, die Grundlage für das Planstellungsverfahren zur Vertiefung der Elbe und damit eine wesentliche Grundlage auch für das Bundesverwaltungsgericht darstellte, waren für 2021 knapp 24 Mio TEU prognostiziert, als mehr als das Zweieinhalbfache. Fakt ist also: Wir haben 8,7 statt der prognostizierten 24 Mio TEU.

Und das feiern die Leute von der HHM, der Marketinggesellschaft des Hamburger Hafens genauso wie die Leute von der HPA als großen Erfolg und als eine Folge der Elbvertiefung. Merkwürdig nur, wieso die Umschlagszahlen 2007 mit knapp 10 mio TEU schon deutlich höher waren – wohlgemerkt über ein Jahrzehnt vor dem Beginn der Elbvertiefung! Und der scheidende HHM-Vorstand Ingo Egloff lässt die Öffentlichkeit wissen: Zitat: „Alles, was vorgetragen wird, wird seit langem diskutiert oder gemacht“, und weiter spricht er von: Zitat: „Vorschlägen, auf die man getrost verzichten kann“.

Man fragt sich natürlich unwillkürlich, wenn Hamburg so über die eigene Interessenvertretung, also die Handelskammer, denkt und spricht: Wem hören die dann überhaupt noch zu?

Für uns kann das nur heißen: Wir müssen den Widerstand gegen die geplante Verklappung auf allen Ebenen verstärken und organisieren.

Ich möchte meinen Beitrag beenden mit Worten aus der Abschlusserklärung der Veranstaltung am 21. August 2021, an deren Aktualität sich leider nichts geändert hat:
„Die Aktivist*innen und Vertreter*innen der anwesenden Verbände haben angekündigt, durch Appelle, Aufklärung, Aktionen und gegebenenfalls auch durch weitere juristische Initiativen den Druck auf den Bund, die norddeutschen Landesregierungen und die Hamburger Hafenwirtschaft zu erhöhen, um die „jahrzehntelange Irrfahrt in die Sackgasse Elbvertiefung endlich zu stoppen. Um den Lebensraum Elbe noch zu retten, braucht unser Land eine Koalition der Freunde der Nachhaltigkeit, der Natur und der Zukunft“, heißt es in der Erklärung.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Ich danke euch für euer Kommen.

 

Aus der Ankündigung des Ortsverbandes für die Mahnwache im März:

In den geplanten Wortbeiträgen soll zum aktuellen Stand der Verfahren zu Auswirkungsprognosen neuer Lüchtergrund und Scharhörn berichtet werden. An beiden Stellen will Hamburg größere Mengen schadstoffhaltiger Feinsedimente aus dem Hamburger Elbe-Gebiet deponieren lassen.  

Ein Beginn der Verklappungen bei Scharhörn noch im März darf auf keinen Fall zugelassen werden – so der Grüne Ortsvorstand. Hier müssten alle rechtlichen Möglichkeiten bis hin zu einstweiligen Verfügungen geprüft werden – seitens des Landes, der Stadt Cuxhaven und der Stadt Otterndorf sowie  der Umweltverbände. Von den Bundesländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein seien bereits Verlängerungen der Stellungnahme-Fristen beantragt worden, Schleswig-Holsteins Umweltminister hat um ein zusätzliches unabhängiges Gutachten gebeten. Der Cuxhavener Bundestagsabgeordnete Stefan Wenzel (Grüne) meint, dass Hamburg die Situation rechtlich falsch einschätzt. Durch eine Deponierung und folgende Verteilung belasteter Feinsedimente direkt an den Rändern der Schutzgebiete würden hohe Schadstofffrachten in das Watt, die Küstengewässer und die gesamte Nahrungskette eingebracht. Damit würden u.a. die EU-Wasserrahmenrichtlinie und FFH-Vorgaben verletzt. Gleichzeitig drohen wirtschaftliche Nachteile für die Küstenorte im Tourismus, wenn Verschlechterungen wie etwa eine Verschlickung des Watts eintreten.     

Das Aktionsbündnis lebendige Tideelbe, in dem die Umweltverbände BUND, NABU und WWF zusammenarbeiten, hat  eine öffentliche Petition gegen die Schlickverklappung unter dem Motto „Unser Weltnaturerbe ist keine Müllhalde – kein Gift ins Watt!“ gestartet,  die Unterschriften sollen Regierungschefs und Minister*innen auf Bundes- und Landesebene übergeben werden, auch in Hamburg. Der Link zur Petition ist auf dieser Internetseite zu finden, wir Grüne unterstützen die Pertition und fordern zur Unterschrift auf.

 


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Den Kreisverband der Grünen Cuxhaven finden Sie unter:

www.gruene-kv-cuxhaven.de

Die Konto-Nummer des Ortsverbandes von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN in Cuxhaven

Konto bei der Stadtsparkasse Cuxhaven mit der IBAN DE97 2415 0001 0025 2639 06